Volkswirtschaften entwickeln Konjunkturzyklen. Wachstum findet nicht am Lineal statt und ist schon gar nicht garantiert. Zyklus bedeutet, dass es am Ende eine Kreisbewegung gibt. Die Wissenschaft nennt uns traditionell 4 Phasen für einen solchen Zyklus:
- Hochkonjunktur/Boom
- Abschwung
- Rezession
- Aufschwung
Es gibt zwar Indikatoren und den Versuch von Frühwarnsystemen, aber zuverlässig sehen wir erst im Rückspiegel, an welcher Stelle wir aktuell stehen bzw. gestanden haben. Prognosen sind schwierig und waren leider oft nicht korrekt. Derzeit wird uns, d.h. inzwischen der wirtschaftlichen Welt, eine massive Rezession vorausgesagt. Ursächlich seien die äußeren Faktoren: Pandemie und vielleicht damit einhergehende Liefer- und Produktionsprobleme, die hohe Inflationsrate und damit steigende Produktionskosten durch die exzessive Geldmengenerhöhung der vergangenen Jahrzehnte und der Medien- und Wirtschaftskrieg infolge des Russlandfeldzugs in der Ukraine. Was bedeutet das für Dich und Dein Investment unter der Vorannahme, dass es tatsächlich zu einer Rezession kommt? Sollst Du aktuell einsteigen? Wie ist Dein Plan bei Abschwung und Rezession? In seinem aktuellen Artikel (Download als PDF), auf den ich mich beziehen will, gibt David Booth, Vorstandssprecher und Gründer der wissenschaftlichen Fondsgesellschaft DIMENSIONAL interessante Antworten.
Hast Du Angst, Dein ganzes Geld zu verlieren?
Das erste Halbjahr 2022 war schwierig. Die globalen Aktien entwickelten sich schwach. Und leider erlebten wir auch noch das bislang schwächste Halbjahr aller Zeiten bei Anleihen, weil die Zinsen unerwartet sprunghaft anstiegen. Inzwischen haben die gut betreuten Anleihefonds längst reagiert und tun es weiter, indem sie die Laufzeiten der Zielpapiere an die veränderten Zinsstrukturen anpassen. Immerhin gibt es heute endlich wieder Anleihen mit positiven ‚Coupons‘ bzw. Endrenditen. Das alles ist wenig tröstlich, könnte man sagen, denn die Verluste seien ja da!
Irrtum! Nur wenn jetzt verkauft wird, werden Verluste überhaupt monetarisiert. Und wer einen langfristigen Plan hat, will ihn vielleicht aktuell durch einen anderen langfristigen Plan ersetzen. Macht das wirklich Sinn? Und das alles nur, weil ein Abschwung VORHERGESAGT wird? Wir wissen, dass solche Prognosen wertlos sein können. Market Timing hat mehr mit dem Glücksrad als mit wirklichem Investieren zu tun. Die Gefahr der blinden Fehlentscheidung ist viel greifbarer als Abschwung und Rezession, wenn sie denn überhaupt durchschlagen. Wir dürfen davon ausgehen, dass die aktuellen Preise von Aktien und Anleihen alle verfügbaren Informationen enthalten – also auch die Informationen über Abschwung und Rezession. Überraschungen und damit Markteinbrüche entstehen nur, wenn so genannte „Schwarze Schwäne“ auftauchen: Exogene Schocks, die nicht vorhersehbar sind. Davor sind wir nie sicher und können damit leben. Das geht immer irgendwann vorbei.
David Booth: „Sie können auch ohne richtige Vorhersagen die Marktrendite abschöpfen. (Und das sind wirklich gute Nachrichten, denn fast niemand liegt mit seinen Vorhersagen immer richtig.) Aktuell fallen die Kurse an den Aktienmärkten. Das bedeutet: Die Märkte bewerten Aktien so, dass sie höhere Renditen abwerfen und dadurch Käufer anziehen. Deutliche Kursrückgänge bedeuten niedrigere Preise, sodass diese Käufer eine bessere Chance auf gute Ergebnisse haben.“
Die Sonne geht täglich wieder auf.
Nach dem Abschwung und der Rezession kommen Aufschwung und Hochkonjunktur. Das ist beinahe so sicher wie der tägliche Sonnenaufgang. Einzig die Timeline ist unbekannt. Niemand weiß, wann und wie sie eintreten. Die Gewinne nach Kurseinbrüchen können entscheidend für Deinen Investmenterfolg sein. In den ersten Jahren nach vorübergehenden Kurseinbrüchen kam es zwischen 1926 und 2021 zu erheblichen positiven Renditen am gesamten US-Aktienmarkt. Einzige Bedingung: Investiert sein! Wer sich voreilig an die Seitenlinie stellt, wird nicht dabei sein.
Am langfristigen Plan festhalten: Die richtige persönliche Mischung aus Aktien und Anleihen (mehr braucht es nicht!) nutzt finanzielle Tragfähigkeit, den Zeithorizont und die persönliche innere Risikobereitschaft optimal aus. Eine Universal-Geldanlage gibt es nicht und sie würde auch alle anderen längst verdrängt haben. Da wir uns zyklisch durch Wirtschaft bewegen, kehren die guten Zeiten zurück. Verlustphasen werden emotional und finanziell durchgestanden. Die Märkte haben wir alle nicht unter Kontrolle – wohl aber unser Verhalten.