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23. August 2024

Betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung – besser nicht!

Was ist Deine Arbeit wert? Im Grunde ist sie emotional unbezahlbar, wenn Berufsunfähigkeit ungeplant eintritt. Dafür gibt es keine Versicherung. Allerdings darfst Du den finanziellen Ruin bei Verlust Deiner Kräfte durch Krankheit, Unfall oder Kräfteverfall extern absichern. Der Wert bei einem Leistungsfall Mitte 40 liegt durchschnittlich bei über 1,2 Millionen Euro bis zum Beginn der Altersrente mit 67. „Der Staat“ – besser der Generationenvertrag – hatte sich schon vor über 20 Jahren von diesem Baustein verabschiedet. Die demografischen Gründe sind bekannt. Heute steht kaum noch jemand im aktiven Berufsleben, der einen gesetzlichen ‚BU-Schutz‘ genießt. ‚BU‘ bedeutet im Fachjargon der Versicherungsverkäufer „Berufsunfähigkeit“.

Das Thema betrifft Dich nicht? Weit gefehlt! Knapp 10% aller Beitragszahler in der Deutschen Rente stellen jährlich einen Antrag  auf ‚Rente bei verminderter Erwerbsfähigkeit‘. Laut Gesamtverband der Versicherer wird jeder 4. irgendwann berufsunfähig und nicht gesund genug alt. Waren es früher die metabolischen Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall, spielen psychische Themen heute eine überragende Rolle, wenn es um Ursachen geht. Und natürlich auch die vielen Knochen- und Gelenkprobleme.

Versicherungsschutz ist wichtig.

Grundsätzlich sollte jeder Erwerbstätige seine Arbeitskraft finanziell versichern. Dafür gibt es verschiedene Arten und Tarife. Sie sind beileibe nicht alle gleich. Der wichtigste Tipp ist hier: Provisionsneutrale Beratung mit einem Vergleich verschiedener Möglichkeiten! Es gibt zahllose Fehlerquellen beim Abschluss, die für die meisten Verbraucher kaum zu entdecken sind. Auf die Details der Bedingungen und der Gestaltung kommt es an. Neben der klassischen Berufsunfähigkeitsversicherung, die für die meisten Situationen nach wie vor das Mittel der Wahl ist, haben sich Versicherungen bei Verlust von Grundfähigkeiten wie Sehen, Hören, Sprechen etc. und Policen beim Eintritt einer schweren Erkrankung wie Krebs, Schlaganfall etc. in Einzelfällen am Markt etabliert. Wie gesagt, Beratung ist sinnvoll. Von einem Alleingang über das Internet mit Online-Abschluss ist abzuraten – die Fehlerquellen sind zu zahlreich. Finanztipp: Jung und gesund einsteigen. Später ist es teuer und oft medizinisch nicht mehr möglich. Stichwort: Gesundheitsfragen.

Die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung.

Die Finanzbranche ist traditionell kreativ, wenn es um die Integration von Steuervorteilen für den Verkauf von Versicherungen geht. Jeder Arbeitnehmer hat einen Rechtsanspruch auf betriebliche Altersversorgung wenigstens in Form einer so genannten „Direktversicherung“. Hierbei wird der Versicherungsbeitrag direkt vom Chef bezahlt. Die Finanzierung ist zumeist eine Entgeltumwandlung aus dem Bruttolohn mit Arbeitgeberzuschüssen. So entstehen Einsparungen bei Steuern und Sozialabgaben. Der Clou: Die BU-Versicherung ist ausdrücklich zulässig. Und schon ist das Geschäftsmodell in Sicht: Da eine wertvolle BU-Versicherung schon einige Euro Beitrag kostet, soll das Ganze in den Betrieb verlagert werden. Dann kostet es „weniger als die Hälfte“. Verlockend, oder? Und als Sahnehäubchen dann auch mit vereinfachter Gesundheitsprüfung oder sogar einer einfachen Erklärung, dass man gesund sei. So kommen selbst diejenigen noch hinein, die bereits zu krank für einen privaten Vertrag wären.

Vier Stolperfallen der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung.
  1. Was passiert bei Ausscheiden aus dem Betrieb? Der Standard ist hier, dass der Vertrag an den Ausscheidenden mitgegeben wird. Und dann? Der neue Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Vertrag zu übernehmen. Dann müsste er privat bezahlt werden und alle hübschen Beitragsvorteile aus der Beratung sind für die Katz. Es könnte noch teurer werden, wenn zusätzlich womöglich Sonderkonditionen entfallen. 
  2. Welche Abgaben im Leistungsfall? Eine betriebliche Direktversicherung funktioniert nach dem Prinzip der Abgabenstundung: Steuern und Beiträge zur gesetzlichen Gesundheitsvorsorge werden bis zum Leistungsbezug gestundet. Bei der Altersrente ist das gut planbar. Viele Jahre Stundung bringen messbare Vorteile nach Inflation. Beim Berufsunfähigkeitsschutz kann sich das schmerzhaft umkehren. Im Extremfall 1 Monat aus dem Brutto bezahlt und viele Jahrzehnte Leistungen mit deutlich höheren Abgaben als beim privaten Vertrag. Die versicherte Leistung muss also höher sein, damit es netto auf das Gleiche hinausläuft.
  3. Wer haftet für die Leistungen? Dieser Punkt ist für jeden Arbeitgeber wichtig. Das Betriebsrentengesetz sagt, dass der Arbeitgeber für die versicherte Leistung einsteht, auch wenn er die betriebliche Altersversorgung nicht selbst durchführt. Was bedeutet das praktisch, wenn der Versicherer später einen Leistungsantrag ablehnt? Richtet sich der arbeitsrechtliche (!) Anspruch womöglich gegen den Arbeitgeber? Welche Sorgfaltspflichten ergeben sich vielleicht darauf für ihn? Muss der Arbeitgeber womöglich den Versicherungsanspruch für seinen (ehemaligen) Mitarbeiter durchsetzen?
  4. Welche Gestaltungsmöglichkeiten gibt es nach Abschluss noch? Wichtig ist, dass eine solche Versicherung mit dem Berufsleben mitgeht. Berufe ändern sich. Gehälter steigen – und sinken. Karrieren sind heute zunehmend gebrochen und 40-jährige Betriebsjubiläen eher selten geworden. Ruhende Dienstverhältnisse sind an der Tagesordnung. Eine gute Versicherung bietet hinreichend Gestaltungsoptionen im Nachhinein. Das ist bei betrieblichen Lösungen mit vereinfachter Gesundheitsprüfung (s.o.) fast nie der Fall. Überhaupt ist zu beobachten, dass solche Ködertarife mit vielleicht 1.000,- EUR versicherter BU-Rente zu vereinfachten Bedingungen zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel Schutz bedeuten. Die Nettorente nach den Abgaben liegt nämlich knapp am Niveau der gesetzlichen Grundsicherung, die man ja ohnehin bekommt.

Man beobachtet, dass Steuervorteile und Förderungen durch den Staat eine interessante Anreizfunktion zum Kauf von Produkten besitzen. Das gilt nicht nur für Versicherungen. Im konkreten Fall sollten die Themen besser getrennt werden: Versicherungsschutz und Steuern sind verschieden. Und immer wenn der Staat ins Spiel kommt, sind Regeln und Einschränkungen von Freiheit und Gestaltung gleich mit dabei. Der finanzielle Schutz bei Verlust der Arbeitskraft ist ein privates Thema. Und das Thema ist allgegenwärtig. Das Wesen von Risiken ist, dass niemand weiß, ob und wann sie real werden. Deshalb sind betriebliche Lösungen dafür weder für Arbeitgeber noch für Arbeitnehmer eine kalkulierbare Alternative.

Am besten, Du hast eine exzellente private BU-Versicherung ohne je einen Cent Leistungsnotwendigkeit. Denn dann geht es Dir gut!

Quelle: Pixabay

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