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6. Mai 2021

DAX bei 15.000: Wirklich jetzt noch einsteigen?

Wirklich jetzt noch einsteigen?

Der DAX jagt von Rekord zu Rekord. Wirklich jetzt noch einsteigen? Derzeit scheint er sich ein gutes Stück um die Marke von 15.000 Punkten zu stabilisieren. Verliere ich dann nicht fast schon sicher mein Geld? Kommt bald der Absturz? Nicht wenige Autoren erwarten längst den nächsten großen Crash. Manche setzen vielleicht sogar schon auf fallende Aktienkurse und zeichnen Wertpapiere, die bei fallenden Kursen steigen. Ja, auch das gibt es. In diesem Gedankenmodell kommt es also bald zum Kollaps und man sollte besser nicht investieren. Das ist eine mögliche Bewertung der Fakten.

Andererseits ist die Geldmenge so groß wie womöglich seit der Hyperinflation 1923 nicht mehr. Und diese Aufblähung von Geld, das ja heute meist nur noch aus Zahlen und immer weniger aus Bargeld besteht, hat zwei Auswirkungen:

  1. Volksenteignung durch eine verborgene Vermögenssteuer, die sich als Minuszinsen der Banken tarnt. 
  2. Steigende Bewertung der alternativen Geldanlagen wie Immobilien, Kryptowährungen und zum Beispiel Aktien.

Beide Auswirkungen sprechen eher für weiter steigende Kurse und man sollte sehr wohl investieren, solange die Geldmengenerhöhung weiter betrieben wird. Auch dieser Prozess scheint plausibel und durchaus möglich. Beiden Szenarien ist eines gemein: Geld an sich ist keine Investition mehr wert. Wir leben in einer Zeit der Minuszinsen. Noch liegen die Schwellen der Banken relativ hoch, ab der sie Minuszinsen erheben. Oft ab 100.000,- EUR Geldguthaben. Das kann noch viel weiter getrieben werden: Minuszinsen ab dem ersten Euro Guthaben sind längst keine Illusion mehr. Halber Schritt zurück zum Aktienmarkt: Wirklich jetzt noch einsteigen? Das Geld will doch irgendwo angelegt sein. Beides ist also richtig und beides ist falsch.

Beides ist richtig. Und beides ist falsch.

Um die Investitionsfrage zu beantworten, müssen wir an dieser Stelle an den Grundlagen und Zielen arbeiten. Es kommt auf die Entscheidung im Vorfeld an. Der erste Parameter betrifft den Zeithorizont des Investments. Wenn es um ‚schnelles Geld‘ durch kurzfristiges Trading von Aktien und oder Aktienfonds/ETF geht, besteht tatsächlich ein enormes Verlustrisiko. Das liegt an den Schwankungen von Aktieninvestments im Allgemeinen und gilt für alle Marktphasen – unabhängig von der aktuellen Situation an den Märkten. In unserem Modell von Finanzwelt ist erfolgreiches Market Timing (wie man das nennt) nicht erfolgreich möglich. Bestenfalls Zufallstreffer. Einige StartUps mit Trading-Apps spielen diesen Ansatz mit sehr moderner Technik. Aber so richtiges ‚Investieren‘ ist das eigentlich nicht. Es ist eher ein Zocken, vergleichbar mit Sportwetten. Richtiges Investieren dauert länger. Der empirische Rückblick zeigt, dass es bislang kein einziges Verlustszenario gab, wenn Anleger zu 100% in den Aktienmarkt für eine Dauer von  15 Jahren oder mehr investiert hatten. Der lange Zeithorizont erlaubt nach allen bekannten Regeln grundsätzlich ein vollständiges sofortiges Investment, selbst wenn die Anlage quasi am zweiten Tag ganz erheblich abstürzen sollte. Merke: Je länger der Zeithorizont, desto höher ist die erlaubte Aktienquote.

Das führt uns zum zweiten Parameter, nämlich die Diversifikation der Anlage. Diversifikation bedeutet Streuung. Beispiel: Wenn Sie als Anleger in eine einzige Firma investieren würden, wäre das Totalverlustrisiko ganz erheblich, selbst wenn Ihr Zeithorizont unendlich lang wäre. Mehr noch: Der lange Zeithorizont ist fast noch gefährlicher, weil Managementqualität und Marktentwicklung einer Einzelfirma langfristig noch unberechenbarer sind als kurzfristig. Manchmal reicht eine einzige Fehlentscheidung und selbst ein Marktführer bricht in sich zusammen (das Nokia-Beispiel*).  Eine Streuung über 30 Unternehmen zum Beispiel im DAX  als ETF wäre schon besser aber immer noch viel zu gering und würde wichtige Segmente wie den Mittelstand unterschlagen. Außerdem ließe man 97% der Weltwirtschaft liegen. Der MSCI-World streut global über rund 1.600 Aktien aus Industrieländern – auch hier fehlen noch wesentliche Teile des Marktes. Ein gut verwaltetes globales Portfolio streut über 11.000 Firmen weltweit und enthält alle Sektoren, Branchen, Größen und Regionen. Merke: Bei maximaler globaler Streuung spielen Einzelverluste fast keine Rolle und das Totalverlustrisiko verschwindet praktisch.

Es kommt auf den Plan an.

Wenn Investment langfristigen Zielen dient, was z.B. durch den Finanzplan organisiert wird, und wenn darüber hinaus über entsprechende Fondsportfolios für die wirklich maximale Streuung gesorgt wird, spricht nichts gegen einen Einstieg – an jedem Tag! Dabei sein ist wirklich alles. Ein populäres Ziel ist zum Beispiel die Altersversorgung. Viele Menschen und ihre Finanzberater und Sparkassen machen den Fehler und denken hier nur bis zum Rentenbeginn. Tatsächlich ist es doch anders: Bei der Altersversorgung müssen wir einen Horizont von heute bis zum 90. Lebensjahr ‚denken‘. Es kommt natürlich immer auf den einzelnen Fall an, aber nichts spricht im Allgemeinen dagegen, bei Anlagezeiten von 15 Jahren oder länger jetzt und sofort wenigstens anteilig am weltweiten Aktienmarkt teilzunehmen.

Ein letzter wichtiger Punkt, der wirklich immer gilt: Achten Sie auf die Kosten! Was nützt die schönste Marktrendite, wenn die Finanzprodukte derart teuer gemacht sind, dass die Erfolge nicht bei Ihnen ankommen. Denken Sie also bei der Frage des Einstiegs weniger über den Zeitpunkt und mehr über Zeithorizont, Diversifikation und Gebührenstruktur nach. Und das nennt man dann ‚Wissenschaftliches Investmentkonzept‘. Mehr Informationen hier.

Aktien: Wirklich jetzt noch einsteigen?

Die obige Grafik veranschaulicht die Bedeutung des Zeitfaktors beim Investieren. Dargestellt wird eine Anlage von 1,- EUR am 1.1.2008 zu 50% in Aktien und 50% in Anleihen entlang wissenschaftlichen Dimensionen. Im September desselben Jahres meldete die Lehman Brothers Bank Insolvenz an, was als Beginn der Finanzkrise gilt. Bis Anfang 2009 verlor unser Investor rund 25 Cent. Er besaß am tiefsten Punkt nur noch rund 75 Cent, aber er blieb investiert. Im Jahr 2011 war der Spuk praktisch vorbei. Es kam noch zu einem Rückschlag durch die Eurostaaten-Krise, aber spätestens seit Mitte 2012 ist das Investment in der Gewinnzone. Die Corona-Börse im Frühjahr 2020 führte schon nicht mehr zu einem Gesamtverlust. Heute beträgt das Vermögen EUR 1,40. Das ist eine Vergangenheitsbetrachtung, die keine Rückschlüsse auf künftige Entwicklungen zulässt. In der gesamten Zeit geschah kein einziger Eingriff durch Kauf oder Verkauf.

* Nokia war Weltmarktführer bei Handys und erkannte die Revolution des Smartphones nicht, was die Marke in die Bedeutungslosigkeit abstürzen ließ.

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