Unser gesetzliches Sozialsystem wird durch Umlagen finanziert. ‚Umlageverfahren‘ bedeutet, daß aktive Erwerbstätige und ggfs. ihre Arbeitgeber die Beiträge für Leistungsempfänger aufbringen. Du siehst das jeden Monat auf Deiner Gehaltsabrechnung. Seit Mitte der 1960er Jahre wirkt der so genannte ‚Pillenknick‘. Der Motor der Umlagefinanzierung wäre eine positive oder wenigstens konstante Entwicklung der Erwerbsbevölkerung. Diese Wunschformel geht seit nunmehr 50 Jahren nicht mehr auf. Die Regierungen der letzten Jahrzehnte haben verschiedene Maßnahmen eingeführt, die mehr oder weniger erfolgreich wirken, ohne die Grundursache der immer fragileren gesetzlichen Rente jemals in den Griff bekommen zu können. Eine sehr erfolgreiche Maßnahme ist bis heute die Einführung des Rechtsanspruchs auf betriebliche Altersvorsorge für alle Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2001. Seit mehr als 20 Jahren wird der Rechtsanspruch überwiegend als so genannte ‚Direktversicherung mit Entgeltumwandlung und Arbeitgeberzuschuss‘ durchgeführt. Leider entstehen beim ersten Blick auf die Gehaltsabrechnung immer wieder Missverständnisse, nachdem eine solche Rentenversicherung eingeführt wurde.
Was ist eine Direktversicherung?
Im Betriebsrentengesetz werden mehrere Durchführungswege für Zusagen auf betriebliche Altersvorsorge definiert. Für die Umsetzung des Rechtsanspruchs hat sich für viele Beteiligten die Durchführung als Direktversicherung etabliert. Der Weg ist sehr flexibel, einfach und lässt sich erfolgreich im Betrieb verwalten. Technisch wird eine Direktversicherung aktuell meist als „Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht“ verstanden, da es um die Altersvorsorge geht. Der erste Schritt kommt in der Regel vom Arbeitnehmer, der seinen Arbeitgeber beauftragt, einen Teil seines Gehalts umzuwandeln in seinen Versorgungsbeitrag vom Firmenkonto. Dabei entstehen zwei Effekte: Erstens entsteht Steuerfreiheit für die Lohnsteuerarten. Und fast immer sind die Beiträge darüber hinaus frei von allen Sozialabgaben. Und weil der Arbeitgeber seine Anteile am Gesamtversicherungsbeitrag genau wie der Arbeitnehmer spart, gibt es eine Pflicht zur Bezuschussung, die in der Regel mit 15% pauschal abgegolten wird. Die Steuern und Teile der Abgaben werden gestundet bis zum Leistungsbezug durch den Arbeitnehmer. Insgesamt eine gute Idee.
Die Darstellung im Beratungsgespräch.
Viele Arbeitgeber führen inzwischen eine Versorgungsordnung, die die hausinterne Umsetzung regelt. Derzeit dreht betriebliche Altersversorgung wieder ein wenig in Richtung hin zu arbeitgeberfinanzierten Zusagen – als Reaktion auf den Personalmangel in der Wirtschaft. Dennoch befassen sich viele Fachberatungen auch noch mit der „Entgeltumwandlung“. Beispielhaft soll hier der Fall beleuchtet werden, dass eine Arbeitnehmerin die Entscheidung trifft, 100 Euro monatlich in Versorgungslohn umzuwandeln. Ihr Arbeitgeber bezuschusst ihre Umwandlung mit 15% aus eingesparten Sozialabgaben – mithin 15 Euro. In der Beratung werden die Effekte grafisch oder in Tabellenform vergleichend dargestellt. Und schnell ist ersichtlich, dass der Nettoaufwand nach eingesparten Steuer und Sozialabgaben bei ca. 55 Euro liegt. Der Arbeitgeber zahlt jedoch für sie insgesamt 115 Euro in den versicherungsförmigen Vorsorgevertrag, der als Direktversicherung oder manchmal auch als Pensionskasse oder Pensionsfonds durchgeführt ist.
Die Gehaltsabrechnung ist keine Beratungsunterlage.
Im ersten Monat mit der neuen Betriebsrente wird die Abrechnung dann regelmäßig falsch aufgefasst: Unmittelbar vor der Nettoauszahlung unten rechts ist zu lesen, dass – entgegen der Erwartung und des Versprechens – anscheinend voll 100 Euro bezahlt werden. Es fehlen die erhofften Vorteilseffekte, so scheint es. Und mehr noch: Weiter oben werden die 100 Euro auch noch abgezogen. Doppelt womöglich?
Bevor jetzt Wut und Frust Einkehr halten, könnte man die Abrechnung einfach mit derjenigen des Vormonats vergleichen: Abb. 1. Bei konstanten Bezügen wäre das problemlos. Bei schwankenden Gehältern hilft das kaum weiter. In Abb. 2 haben wir unser Beispiel exemplarisch aufbereitet. Auf den zweiten Blick zu lesen ist, dass Steuer-Brutto und SV-Brutto nunmehr um 100 Euro geringer sind als das Gesamt-Brutto: 2.900 Euro versus 3.000 Euro. Und genau dort stecken die 100 Euro aus der Umwandlungsentscheidung unserer Arbeitnehmerin!
Wenn alle Lohnarten korrekt erfasst sind, kann man sich grundsätzlich darauf verlassen, dass Steuern und Sozialabgaben wirklich geringer sind als ohne die Direktversicherung. Man sieht das auch an den Kennbuchstaben „F“ bzw. „L“ etwas weiter oben bei den Lohnarten. Die Umwandlung wird subtrahiert mit „L“, was man sich vielleicht mit ‚beLastet‘ merken will und gleichzeitig addiert mit „F“ – also ‚beFreit‘. Einen Vergleich für die reduzierten Steuern und Abgaben gibt es an dieser Stelle nicht, aber das ist auch nicht die Aufgabe einer Lohnabrechnung.
Und der Arbeitgeberzuschuss? Ganz einfach mit „F“ markiert und leicht zu erkennen. Im Ergebnis ist der Netto-Verdienst als Zwischenposition um rund 45 Euro höher als ohne Direktversicherung, was man leider nicht direkt sieht. Und von diesem erhöhten Netto-Verdienst erst wird der eigentliche Umwandlungsbeitrag abgezogen, bevor es zum Auszahlungsbetrag kommt. Er ist tatsächlich rund 55 Euro geringer (vgl. Abb. 1 mit Abb. 2).
Natürlich kommt auch vor, dass die Lohnarten fehlerhaft erfasst werden. Deshalb ist es immer klug, die Gehaltsabrechnung gerade nach Änderungen wesentlicher Inhalte präzise zu prüfen und ggfs. Hilfe einzuholen.
Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige Beratung zur betrieblichen Altersversorgung. Der Beitrag sollte nicht zur Grundlage einer Finanzentscheidung gemacht werden. Bitte lasse Dich unabhängig beraten. Auch bietet er keine individuelle Beratung in steuerlichen und rechtlichen Fragen. Bitte wende Dich hierzu an entsprechende Berufsträger. Eine Haftung aufgrund der Folgen etwaiger Entscheidungen wird hiermit ausgeschlossen. Datenstand April 2024.